Quer durch Südamerika

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Unsere Reiseroute

Sonntag, 6. November 2016

Kapitel 12 - Ojo de Perdiz nach Uyuni

2.11.2016 – von Ojo de Perdiz nach Uyuni

Die Nacht war wie angekündigt, man musste auf die Toilette und hatte gleichzeitig auch wieder Durst. So war die Nacht nicht wirklich erholsam. Zumindest hat die Heizung funktioniert und es wurde nicht so kalt im Zimmer. Dafür war die Fensterscheibe von innen zugefroren und ist erst ein Stück nach Sonnenaufgang wieder aufgetaut.

Im Internet hatten vorherige Besucher geschrieben, dass das Abendessen zwar ganz okay war, aber zum Frühstück hätte es nur Brot und Marmelade gegeben… Daher wurden wir heute Morgen sehr positiv überrascht, es gab frisch gebackene, warme Brötchen (klar nur weiße… Vollkorn hat sich in Südamerika auch noch nicht sehr durchgesetzt), Schinken, Käse, Marmelade (sehr süß), Butter und Rührei, dazu Orangensaft und wieder den Zimtapfelsaft, der wie wir nun gelernt haben, aus den Kernen mit heißem Wasser angesetzt wird, leicht nach Zimt schmeckt und sehr gesund sein soll. Als Brotersatz gab es auch Cracker… Sehr beliebt bei unserem Guide Marco, der hat sich gleich nen ganzen Stapel davon aufgeladen.

Brötchen frisch aus der Heizung
Schinken und Marmelade




Für die Heißgetränke gab es Teebeutel, Instantkaffee-Pulver, Kakao-Pulver und ein weißes Pulver, das wir so noch nicht gesehen hatten. Marco hat uns dann aufgeklärt: Es handelt sich um Milch! Empfehlenswert ist hier: 1,5 gehäufte Esslöffel braunes Pulver, 1,5 gehäufte Esslöffel weißes Pulver, ein Beutel Instantkaffee und die Tasse mit heißem Wasser auffüllen.

So gestärkt ging es dann um 7:30 Uhr los zu den ersten Lagunen, erst noch zu einigen Liedern von Modern Talking, dann zu bolivianischer Folklore. Einen kurzen Zwischenstopp haben wir dabei nochmal ein Stückchen weiter oben auf dem Hochplateau (ca. 4500m) eingelegt, von wo aus man nochmal einen schönen Blick auf die Berge hatte und Marco ein paar lustige Rundum-Bilder machen wollte, die uns ganz schön aus der Puste gebracht haben. Marco stand also in der Mitte, Noel, Stefan und Katja auf einer Seite von ihm und auf sein Kommando mussten wir um ihn herum laufen, während er sich mit der Kamera gedreht hat, um uns dann auf der anderen Seite nochmal zu erwischen. Geklappt so richtig hat es nicht, aber es war lustig und wir waren ziemlich aus der Puste…

Wenn der Hintergrund zu einheitlich ist
werden Panoramabilder komisch...










Wieder über Stock und Stein, also eher über Steine, Felsen und durch kleine Bachläufe hinweg, ging es zu den Lagunen Honda und Hedionda, wo wir wieder viele Flamingos gesehen haben, sowie weitere kleine und größere Vögel.

Weiter ging es dann zur schwarzen Lagune, die ebenfalls sehr imposant ist, die aber noch nebenan ein schönes Felsgelände aufweist mit Felsen in „Champignonform“, das sieht total witzig aus!

Wir haben ja in "Ojo de Perdiz"
also "im Auge des Perdiz" übernachtet.
Das ist ein Perdiz.

Nach einem weiteren Felsen, der „El Condor“ genannt wird und auf dem sich die Jungs mit ihren Kletterkünsten versucht haben, ging es weiter nach San Cristobal, und zwar dem neuen San Cristobal.
Der alte Ort musste von den Einwohnern verlassen werden, weil eine Kooperation aus US-amerikanischen, kanadischen und japanischen Firmen den nahegelegenen Berg für die Kupfergewinnung abträgt. Der Konzern hat den Einwohnern dafür einen komplett neuen Ort aufgebaut. Zugestimmt haben die alten Bewohner aber nur unter der Bedingung, dass die alte Kirche „mitgenommen“ wird. Diese ist also Stein für Stein abgetragen und im neuen Ort wieder aufgebaut worden. Der Ort wirkt auch ganz anders als alle anderen Orte, die wir in der Größe bisher gesehen hatten. Er wirkt irgendwie aufgeräumter…

Hier gab es auch Mittagessen, im Restaurant eines hiesigen Hotels, das ganz witzig eingerichtet war, auch mit einer Eisenbar unter einer Lichtkuppel. Nicht so schön war die Toilette, Wasser hat weder in der Toilette noch am Waschbecken gerade funktioniert, weitere Einzelheiten ersparen wir euch. Das Mittagessen haben wir erst bestellt und während der halben Stunde, in der es zubereitet wurde, sind wir im Ort spazieren gegangen, während Noel das Auto getankt hat. Wir sind vorbei an dem schön gestalteten Dorfplatz und der besagten Kirche, die aber leider geschlossen war. Man konnte aber über Stufen auf den Glockenturm hochsteigen und den Ausblick genießen.


Wenn jemand in Deutschland
auf dem Glockenturm
herumkletterm würde...

Blick der Glocken
Und das noch ohne Geländer...
Zurück im Restaurant haben wir dann etwas wirklich mal Einheimisches zu essen bekommen, ein Pique…(wir haben uns den Namen nicht merken können), das für uns zu viert auf einem großen Teller angerichtet worden war und aus Lamafleisch, Würstchen, Pommes, Eiern, Tomaten, Paprikastreifen und Zwiebeln bestand und in der leckeren Fleischsauce schwamm. Wir dachten, das würden wir nie aufessen können, aber das war so gut, dass zum Schluss nur noch ein paar Anstandsstücke übrig geblieben sind. Dazu gab es eine hausgemachte Limettenlimonade, die ebenfalls sehr gut war.

Limettenlimonade

vorher
Nachher
Und als Nachspeise ein Eis.
Die Verbindungsstraße Richtung Uyuni ist eigentlich in sehr gutem Zustand, wenn auch nicht geteert, man kommt aber ganz gut voran, bis man auf eine große Baustelle stößt und dann ein paar Kilometer Umweg durch die Wüste nehmen muss. Umleitungen sind hier einfach… Man schiebt ein bisschen Sand zur Seite und fertig ist eine Ersatzstraße, die aber natürlich nicht wirklich hält und sehr schnell uneben wird mit vielen Schlaglöchern.
Auf dieser Nebenstraße ging es dann noch zu einem Eisenbahnfriedhof, auf dem der Staat alte Dampflokomotiven in der Wüste geparkt hat und die da nun vor sich hin verrotten. Die Loks wurden ersetzt weil man inzwischen Öl im Land gefunden hatte und das wesentlich billiger zu haben ist als die Kohle, die aus Europa importiert werden muss. Es wirkt alles etwas surreal, wie sich die Dampfloks verschiedener Baureihen so hintereinander aufreihen. D.h. natürlich, was von ihnen noch übrig ist… Es verschwinden natürlich jede Nacht weitere Stücke der Loks, um als Schrott auf dem Schwarzmarkt verkauft zu werden. Aber auf dem was noch da ist, kann man herumklettern, man muss nur aufpassen, die Böden waren wohl am einfachsten zu entfernen.



Wir haben noch einen kleinen Stadtbummel in Uyuni gemacht, die Stadt war aber ziemlich leer, denn heute ist einer der wichtigsten Feiertage hier. Am 1. November verlassen die Seelen der Toten um 12:00 Uhr mittags für 24h ihr Grab, um dann am 2. November mittags wieder zurückzukommen. Die Ahnen sind sehr hoch geachtet in Bolivien und so geht man am 2.11. auf den Friedhof und bringt den Ahnen Opfergaben meist in Form von Brot in verschiedenen Formen, oft mit Gesichtern, und bunten Papierblumen dar. Es geht aber auch Popcorn und Früchte. 

Um uns das anzusehen haben wir einen Besuch auf dem Friedhof von Uyuni unternommen. Die Gräber waren tatsächlich bunt geschmückt und auch jede Menge Brot war zu sehen. Das Erstaunlichste war aber, dass die Menschen auf den Friedhof geströmt sind, dort auf den Gräbern gesessen, gegessen und Musik gemacht haben. Es handelt sich hier ja um einen christlichen Friedhof wie bei uns, aber in Deutschland würde man wahrscheinlich eine Anzeige wegen Störung der Totenruhe bekommen. Hier ist die Stimmung viel gelassener und fröhlicher.
Vor dem Friedhof hat sich ein kleiner Markt gebildet, mit Essensständen, benötigte Utensilien zum Schmücken der Gräber und Familien, die selbstgebackenes Brot oder Kuchen mit Wein ausgeteilt haben. Wir haben uns das erklären lassen, denn es ist so:
Wenn ein Angehöriger stirbt, dann bäckt die Familie ein Jahr nach der Beerdigung jede Menge Brot, dies wird dem Verstorbenen als Opfer dargebracht. Damit jetzt das ganze Brot aber nicht verdirbt, wird es auch gegen Gebete anderer Personen an den Verstorbenen als Gegengabe gereicht. Kinder singen diese Gebete auch gerne mal und wir haben viele gesehen, die mit Tüten voller Brot, Kuchen , Süßigkeiten und Popcorn unterwegs waren.

Wir haben auch etwas über die Hochzeitsriten gelernt. Wenn also ein junger Mann Gefallen an einer jungen Dame findet, und die Eltern des Mädchens einverstanden sind, dann dürfen die jungen Leute gegen eine Gabe von z.B. Lamas, von den Bräutigams- an die Brauteltern, zusammenziehen. Nach 3 Jahren geht das gemeinsame Leben dann automatisch in eine Ehe über. Die muss aber nicht öffentlich angezeigt werden, das macht man dann erst, wenn es Nachwuchs gibt.

Weiter ging es zum Hotel, dem Palacio de Sal, dem ersten Salzhotel der Welt (laut Eigenwerbung). Das Hotel steht am Rande der Salzwüste und ist sehr schön. Die Wände, die Betten, die Rezeption, die Skulpturen, alles ist aus Salz gebaut. Was wir erst hier und durch Mithilfe von Marco erfahren haben ist, dass anscheinend auch das Abendessen in der Übernachtung mit eingeschlossen ist. Macht aber Sinn, denn außer einem anderen Hotel, vielleicht 1,5km entfernt, gibt es auch nichts anderes.

Da wir gegen 17 Uhr angekommen sind, hatten wir etwas Zeit für Ruhe und zum Bloggen, haben aber festgestellt, dass das angebotene Internet für so ziemlich alles außer Mails zu schreiben, viel zu langsam war, Mist, damit sind wir erstmals in echten Zeitverzug gekommen. Naja, wir sind in Bolivien, wir sind in Urlaub, alles ist gut. Gegen 17:30 Uhr sind wir ins obere Stockwerk gewechselt, von wo aus man einen schönen Blick auf den Sonnenuntergang haben soll. Hier oben war ein schön eingerichteter Raum mit Tischen und Sitzgelegenheiten, aber alles nur über eine steile Treppe zu erreichen, womit uns ein bissel die Puste schon wieder abhanden gekommen ist, wir sind immerhin immer noch über 3600m hoch. Auch der Gasbrenner, der unten in der Halle schön warm macht, hat mit seinen Abgasen dazu beigetragen, dass die Luft oben etwas sauerstoffarm war. Das ist einer Dame aus Irland dann auch zum Verhängnis geworden. Sie ist mit ihrem Mann die Treppe hoch gekommen, stand vor der Tür nach draußen und ist wie ein gefällter Baum einfach umgefallen. Zum Glück ist bis auf eine große Beule am Hinterkopf nichts passiert, aber sie war arg geschockt und benommen. Allerdings kam das Hotelpersonal auch sofort und hat mit Sauerstoff und Eisbeutel geholfen. Die Dame war übrigens sehr sportlich, hatte erst vor ein paar Tagen den Inkatrail nach Machu Picchu hinter sich gebracht und dort keinerlei Probleme gehabt. Es kann wirklich jeden treffen.

Nach dem sehr schönen Sonnenuntergang sind wir dann gegen 19:30 Uhr zum Essen gegangen. Die Tische waren für die Gäste mit Namen beschriftet und es wurde in Buffetform ein leckeres Abendessen angeboten, mit Spinatsuppe, verschiedenen Salaten, Fisch, Kartoffeln, Nudeln, Frühlingsrollen, Rindfleisch und Nachspeisen. Dazu gab es eine gute Flasche bolivianischen Malbec. Eigentlich wollten wir ja noch Sternenbilder machen, aber wir haben uns beim Abendessen mit Pat zusammengesetzt, dem Mann der umgekippten Frau, und haben schon Reiseerfahrungen ausgetauscht, da er aus der Richtung kam in die wir wollten und wir aus der Richtung, in die er wollte. Sehr praktisch. Das ganze ging dann mit einer zweiten Flasche Wein, die er bestellt hat, einher und dann waren wir einfach zu müde und sind schlafen gegangen, um fit zu sein für den Tag im Salar de Uyuni.


1 Kommentar:

  1. da hattet Ihr aber ein gesalzenes Hotel, hoffentlich waren die Preise nicht so. Wie immer super zu lesen und zu gucken. Bis zum nächsten...

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